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| Spielbetrieb

3. November 2010: Nullkarenz-Regelung

„Groß ist die Macht der Gewohnheit“

– eine lange Debatte zur Nullkarenz

 NSpL , 03.11.2010

Fragt man Spieler aus Sportarten wie Tennis oder Fußball, wann denn ein Wettkampf beginnt, wenn er für 10 Uhr angesetzt ist, erntet man verständnislose Blicke. Um 10 natürlich, wann denn sonst? – Nun, für den Schachspieler galt lange Zeit anderes. Sollte eine Partie 10 Uhr beginnen, hatte er bis 11 Uhr Zeit, am Brett zu erscheinen. Es stand in seinem Belieben, 20 Minuten Bedenkzeit etwa gegen eine morgendliche Zeitungslektüre einzutauschen, und einfach später am Brett zu erscheinen.

Warum die DSJ Wert auf einen pünktlichen Partiebeginn legt …

Über den Ursprung dieser Regelung kann man nur mutmaßen: Vergegenwärtigt man sich jedoch, dass Schachuhren erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts üblich sind, liegt der Gedanke nicht fern, dass die Karenzzeit ein Zugeständnis an die Spieler darstellte, um sie mit der ungewohnten Zeitbeschränkung zu versöhnen. Nun, dass Schachpartien zeitlich begrenzt sind, ist mittlerweile wohl allseits akzeptiert. Manche Spieler verteidigen die Karenzregelung heute stattdessen damit, dass ein für 10 Uhr angesetzter Wettkampf ja auch um 10 Uhr beginne, nur eben zunächst mit einem Spieler. Außerdem bestrafe sich der Verspätete ja selbst damit, dass seine Uhr ablaufe. Aber was ist das für ein Verständnis von Sport und Wettkampf? Zu einer Schachpartie gehören zwei Spieler, erst dann kann sie beginnen. Ist es nicht eher respektlos, gar unfair, seinen Gegner warten zu lassen zugunsten einer halben Stunde mehr Schlaf, einer zweiten Tasse Kaffee oder eines Plausches mit dem Vereinskameraden? Ganz zu schweigen von jenen, die eine leichte Verspätung als psychologisches Druckmittel einsetzen, um den Gegner zu verunsichern. Gewiss, das mögen nur einige sein, und die meisten Spieler achten auf ihr pünktliches Erscheinen. Aber uns sind auch Fälle bekannt, in denen Trainer ihre Schützlinge das taktische Mittel der Verspätung gar bewusst lehren. Ist es da richtig, den Pünktlichen warten zu lassen, anstatt den Verspäteten zu besserer Zeiteinteilung zu bewegen?

So hat die Einführung der Nullkarenz Ende 2009 auch nicht den Hintergrund, dass die DSJ die Medienwirksamkeit des Schachsports erhöhen will, weil sich leere Bretter im Fernsehen so schlecht machen. Das ist allenfalls ein Nebeneffekt. Es geht vielmehr schlicht darum, eine Selbstverständlichkeit des Fairplays umzusetzen. Deshalb ist es auch mitnichten so, dass diese Regelung im Jugend- oder Amateurbereich keinen Platz hätte. Fairplay beginnt bei der Kreismeisterschaft!

Eine großzügige Karenzregelung hat dort ihre Berechtigung, wo Unwägbarkeiten die Anreise bestimmen – etwa im Ligenbetrieb mit längeren Anfahrtswegen. Das hat die DSJ nie in Abrede gestellt. Aber warum wir auf Deutschen Meisterschaften, deren Unterkunft und Spielsaal im gleichen Gebäudekomplex beheimatet sind, notorische Langschläfer und -frühstücker dulden sollten, will sich uns nicht erschließen.

Nach den Gesprächen, die wir auf diversen Meisterschaften mit Teilnehmern, Betreuern und Eltern geführt haben, habe wir dann auch den Eindruck gewonnen, dass eigentlich niemand auf die Frage „Hältst Du es für ein Gebot des fairen Wettkampfs, dass die Spieler ihre Partien pünktlich beginnen?“ mit „Nein!“ geantwortet hätte. Mit Sportsgeist ist es nun mal nicht vereinbar, seinen Gegner warten zu lassen.

 

… welche Konsequenzen die DSJ im Falle einer Verspätung für angemessen hält …

So gut man sagen kann, dass die meisten die Einstellung teilen, dass die Spieler pünktlich am Brett sitzen sollen, so sehr gehen die Meinungen darüber auseinander, was passieren soll, wenn sich ein Spieler dann doch einmal verspätet. Das Spektrum ist weit: Manche plädieren zwar für einen pünktlichen Partiebeginn, sehen das aber in der Verantwortung des Spielers, und würden, wie bisher, eine Verspätung nicht ahnden. Dass nicht alle Spieler mit solcher Eigenverantwortung umgehen können, liegt auf der Hand, ansonsten wäre die ganze Diskussion müßig. Die notorisch Verspäteten gibt es auf Deutschen Meisterschaften genau wie in jeder Kreisklasse.

Die DSJ hat sich bei Einführung der Regelung 2009 für die strenge Variante entschieden und Verspätungen mit Partieverlust bestraft. Ausnahmen waren zulässig, wenn Spieler sich unverschuldet verspätet haben. Wie für jede Strafe gilt, dass sie nur verhängt wird, wenn der Verstoß verschuldet geschehen ist. Wer sich ein Bein bricht, im Fahrstuhl stecken bleibt oder – unverschuldet! – in einen Unfall verwickelt ist, braucht keine Bestrafung zu fürchten.

Bei der DEM 2010 gab es genau zwei Fälle, in denen die Nullkarenz-Regelung griff, beide bei den Offenen Meisterschaften: Einmal hatte sich ein Spieler im Zeitplan vertan und wäre auch nicht innerhalb einer Stunde am Brett erschienen. Im anderen Fall verschlief ein Spieler den Rundenbeginn. Die Ängste, Kinder und Jugendliche würden den Partiebeginn verpassen, weil sie ihre Stifte vergessen, auf dem Weg stolpern, sich verirren oder von fremden Betreuern böswillig aufgehalten werden (!), haben sich allesamt als unbegründet herausgestellt. Die positiven Effekte sind indes wie erwartet eingetreten: Die Partien konnten mit der Rundeneröffnung beginnen, von Angesicht zu Angesicht. Als positive Nebeneffekte traten hinzu, dass niemand wichtige Ansagen verpasste und in Zeit nach Rundenbeginn kein Tross von Nachzüglern die Ruhe störte. Für den Großteil der Spieler, die auch vor Einführung der neuen Regelung pünktlich erschienen waren, gab es überhaupt keinen Unterschied. Den anderen Teil haben wir mit der Regelung erreicht.

 

… und wie die im November 2010 angepasste Regelung aussieht.

Die DSJ hat zusammen mit ihren Turnierleitern und den Rückmeldungen von Teilnehmern, Betreuern und Eltern die Karenzregelung intensiv ausgewertet. Wir sehen unser Ziel mit der Entscheidung, dem Vorstoß der Fide zu folgen, erreicht: Wir streben an, dass Partien pünktlich beginnen, und es darf nicht der Eindruck entstehen, ein verspätetes sei toleriert oder gar eine vollwertige Verhaltensalternative.

Gleichwohl haben wir uns entschlossen, die Karenzregelung für den ersten Verstoß moderater auszugestalten. Die Regelung lautet nun wie folgt:

 

Bei Meisterschaften, die in einem ununterbrochenen Zeitraum am gleichen Ort stattfinden, erhält jeder Spieler, der nach der Erklärung des Schiedsrichters, die Runde sei eröffnet (Spielbeginn), im Spielbereich eintrifft, eine Zeitstrafe von 15 Minuten. Er hat die Partie verloren, wenn er später als 15 Minuten nach Spielbeginn im Spielbereich eintrifft oder im gleichen Turnier bereits eine Zeitstrafe nach Satz 1 erhalten hat. Der Schiedsrichter darf anders entscheiden.

(DSJ-Spielordnung, Ausführungsbestimmung zu 2.5, in Kraft getreten am 3.11.2010)

 

Damit reagieren wir auf folgende Umstände:

  •  Bei einer strengen Nullkarenz schwebt vor Partiebeginn ein Damoklesschwert über dem Kopf der Spieler: Selbst wenn sie unter normalen Umständen pünktlich erscheinen werden, stellt das Risiko einer Verspätung eine Belastung dar. Diesen Druck nehmen wir all jenen Spielern, die jede Runde pünktlich erscheinen.
  • Eine moderatere Regelung führt dazu, dass es weniger Härtefälle gibt. Schiedsrichter werden seltener auf Einzelfälle reagieren müssen und ganz überwiegend die Zeitstrafe (bzw. den Partieverlust) verhängen, ohne mit dem verspäteten Spieler lange Diskussionen über seinen Verschuldensgrad zu führen.

Gleichzeitig machen wir auch mit dieser milderen Ausgestaltung deutlich, dass eine Verspätung eine Unsportlichkeit darstellt, eine 15-minütige Zeitstrafe zusätzlich zur ohnehin ablaufenden Zeit dürfte eine spürbare Sanktion sein. Außerdem wird dem Spieler nach der ersten Verspätung vor Augen geführt, dass er im Wiederholungsfalle den Partieverlust zu erleiden hat und er sein Zeitmanagement dringend ändern muss.

Eine weitere Präzisierung, die sich zugunsten des Spielers auswirken kann: Es kommt nur auf den Zeitpunkt an, zu dem der Schiedsrichter die Runde tatsächlich eröffnet. Im Normalfall wird dieser Zeitpunkt allerdings mit dem angesetzten Rundenbeginn zusammenfallen. Außerdem bleibt es dabei, dass es genügt, wenn der Spieler pünktlich im Spielbereich eintrifft, er muss nicht am Brett sitzen.

 

Die DSJ ist der Auffassung, mit dieser Regelung einen guten Mittelweg gefunden zu haben. Wir hoffen, dass wir mit diesem Beitrag Verständnis für unsere Position gewinnen und die „Macht der Gewohnheit“ mit der Zeit auf unsere Seite bringen können.

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