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DSJ-Forum

Ausgabe 08 2003

 

 

Nachwuchsförderung im Ehrenamt Teil 2

 

Die diesjährige Herbsttagung beschäftigte sich mit dem für den Fortbestand der Sportorganisationen wichtigen Thema der Nachwuchsgewinnung im Ehrenamt. Das Einführungsreferat hielt Prof. Dr. Helmut Richter von der Hamburger Universität.

 

Im letzten DSJ-FORUM 7/2003 ist das Referat zusammengefasst wiedergegeben worden. Wir beenden diesen Teil mit den Schlussbemerkungen und Thesen aus dem Referat. Dr. Richter stellte aufgrund seiner zuvor präsentierten Untersuchungsergebnissen verschiedener Studien die Frage nach der erkennbaren Tendenz

 

vorbei mit den Vereinen?

 

„Wie sind die hier vorgelegten Zahlen, Strukturdaten und Motivationslagen zusammenzufassen?

 

Zunächst einmal gibt es das statistisch ausgewiesene Faktum, dass Jugendliche sich trotz allen Redens über die unverbindliche Spaßkultur durchaus gleichgewichtig mit den anderen Altersgruppen freiwillig engagieren.

 

Was die Erwartungen an das Ehrenamt angeht, so werden sie weitgehend erfüllt. Aber gerade der zu erwartende hohe Zeitaufwand spielt in zunehmendem Maße eine hindernde Rolle. Und vor diesem Hintergrund bestätigt sich dann die zentrale Botschaft: Bei konstantem gesellschaftlichen Engagement findet eine Abwendung vom Ehrenamt und eine Hinwendung zum kurzzeitigen freiwilligen Engagement statt.

 

Das aber heißt: Der traditionelle Verein, der strukturell auf dem Ehrenamt basiert, ist mit der Abwendung vom Ehrenamt gefährdet. Das neue Interesse am freiwilligen Kurzzeit-Engagement kann er nicht problemlos befriedigen, weil es dafür – eben wegen der fehlenden Bereitschaft zur längerfristigen Verpflichtung – einer zentralen, hauptamtlich gesteuerten Betriebsstruktur bedarf.“

 

Wachsende Freizeit – weniger Ehrenamtliche: Warum?

 

„So klar die vorgestellten Fakten und Tendenzen sind, so unklar ist ihre Bewertung. Denn der allgemein konstatierte Verlust traditionaler Bindungen kann zum einen als Konsequenz der gesellschaftlichen Entwicklung in Richtung auf Individualisierung und Pluralisierung von Lebenslagen gedeutet werden, zum anderen aber auch als Verdruss an der verbandlichen Bürokratisierung und Verberuflichung der Vereine. (Ich habe übrigens bewusst Verberuflichung und nicht Professionalisierung gesagt.)“

 

Verein und Ehrenamt – Was ist zu tun?

 

  • wohl wissend auch, dass damit das vorhandene ehrenamtliche Engagement noch mehr sinken dürfte, weil ihm immer mehr die gesellschaftliche Anerkennung entzogen würde?“

 

Dr. Richter beendete sein Referat mit einigen Forderungen und Thesen, von denen wir an dieser Stelle einige vorstellen:

 

Alte Beziehungen neu schaffen: Mitgliedschaft und Ehrenamt

 

„Vor dem Hintergrund einer kommunalen Identitätsbildung ist es auf der Ebene des Vereins erforderlich, das Prinzip der Einheit von Bildung und Beziehung bzw. Bindung durch eine – grundsätzlich auch beitragspflichtige - gemeinsame freiwillige Mitgliedschaft und wechselseitige Verpflichtung im Verein zu begründen.

 

Entsprechend lautet meine These:

  • Die Krise des Vereins ist die Krise ihrer Mitgliederstruktur – Zurück zur Mitgliedschaft statt hin zur Kundschaft!

 

Neue Motivationen schaffen: Weniger Zeit – mehr Bildung - mehr Mitbestimmung

 

Die Übersicht über die Erwartungen an eine ehrenamtliche Tätigkeit hat gezeigt, dass sie weitgehend eingelöst werden. Damit Jugendliche von ihrer Option, jederzeit aussteigen zu können, nicht ernsthaft Gebrauch machen, damit also Bindung in Verpflichtung übergehen kann, müssen jedoch insbesondere drei Bedingungen erfüllt werden:

  • Der Zeitaufwand muss angemessen sein und Flexibilität ermöglichen. Sein Umfang sollte sich am durchschnittlichen Zeitaufwand Jugendlicher für ein freiwilliges Engagement orientieren und damit nicht mehr als rd. 20 Stunden im Monat betragen.
  • Um die eigenen Kenntnisse und Erfahrungen erweitern zu können, bedarf es kompetenter Ansprechpartner und –partnerinnen.
  • Jugendliche müssen darüber mitbestimmen können, was sie genau zu tun haben, und sie brauchen einen eigenen Verantwortungs- und Entscheidungsbereich.“

 

Das zusammenhängende Referat mit ausführlicher Literaturliste kann in der Geschäftsstelle in Berlin bezogen werden als Mail oder in gedruckter Form.

 

In den nächsten Folgen unserer kleinen Serie zur Nachwuchsgewinnung im Ehrenamt gehen wir auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppen ein, die sich im Anschluss an das Referat mit drei Fragestellungen beschäftigten:

  • Wie organisiere ich Mitarbeit so, dass sie interessant für Jugendliche ist?
  • Wie gewinne ich Jugendliche für solche Formen der Mitarbeit?
  • Wie gelingt es mir, meine Mitarbeiter zu motivieren, damit ich möglichst lange etwas von ihnen habe?

 

(Jörg Schulz)

 

 

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