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Bericht von Bernd Vökler

Eine besondere Chance, um Mädchen für den Verein zu gewinnen, bieten Schulschachgruppen. Gerade an Grundschulen, in denen größtenteils Lehrerinnen arbeiten, werden diese von den Schülerinnen als positives Vorbild angesehen. In vielen Regionen Deutschlands ist zu beobachten, dass in den Schulschach-AGs der Grundschulen der Anteil der Mädchen deutlich höher ist als bei den älteren Jahrgängen. Ein möglichst großes Angebot an Schulschach-AGs kann z. B. durch die Gewinnung von Studentinnen und Schülerinnen als Leiterinnen für solche AGs geschaffen werden. Diese werden von den Mädchen als Vorbild gesehen und können meist leichter einen ersten Kontakt zu den Schachvereinen vermitteln. Es kann vor allem in den älteren Jahrgängen sinnvoll sein, Schulschachgruppen nach Jungen und Mädchen zu trennen, weil sich Mädchen häufig lieber mit anderen Mädchen messen und sich in Trainingsgruppen ohne vorlaute Jungen wohler fühlen.

Wenn man Mädchen und junge Frauen für den Verein gewonnen hat, sollten diese in das Vereinsleben integriert werden, um eine Identifikation mit dem Verein zu erreichen. Möglichkeiten hierfür bietet zum Beispiel die Organisation von oder die Teilnahme an Feiern, Feriencamps und Turnieren. Gemessen am prozentual geringen Anteil von Schachspielerinnen gibt es vergleichsweise viele Mädchen und Frauen, die sich ehrenamtlich für das Schach engagieren. Beispiele hierfür sind Diana Skibbe, die Präsidentin des Thüringer Schachbundes, sowie Eva Maria Zickelbein, die Mannschaftsführerin der 1. Mannschaft des Hamburger SK in der 1. Bundesliga Männer und Kristin Müller-Ludwig, die stellvertretende Vorsitzende des SV Medizin Erfurt, dem größten Thüringer Verein. Diese Frauen sind nicht nur starke Schachspielerinnen, sondern bringen sich auch sehr erfolgreich auf ehrenamtlicher Ebene ein.

Für Trainer lohnt sich ein Blick auf die Arbeit des SV „Glück auf“ Rüdersdorf, der seit vielen Jahren für eine erfolgreiche Mädchenarbeit steht. Die Grundidee in diesem Verein ist es, immer vier bis sechs Spielerinnen zu einem Team zusammen zu schweißen. Diese Teams gewannen mehrfach die Deutschen Schulschachmeisterschaften oder auch die Deutschen Vereinsmeisterschaften für Mädchen aufgrund einer geschlossenen Mannschaftsleistung. Der Gedanke, dass die Mannschaft der Star ist und die Mädchen für- und miteinander spielen, sollte im Training stets gefördert werden. In Rüdersdorf passiert das nicht in erster Linie über wöchentliches Training, sondern über regelmäßige Trainingswochenenden, die alle sechs Wochen stattfinden. Dort wird – neben einem intensiven Training – durch gemeinsame Freizeit und Aktivitäten auch der Teamgeist gefördert. Außerdem können die Mädchen hier eventuellen Stress zuhause lassen und sich ein Wochenende lang voll auf ihr Team konzentrieren. Weitere Informationen dazu kann Holger Borchers aus Berlin geben.

Für das Leistungstraining von Mädchen kann ich einige spezifische Tipps aus meiner Praxis geben. Generell ist die Partievorbereitung ein wichtiger Bestandteil des Trainings und bei Mädchen habe ich oft beobachtet, dass sie nach einer guten Vorbereitung selbstsicherer und damit auch stärker spielen. Gerade in Partien gegen Jungen ist aufgrund der geschlechtsspezifischen Rollenbilder im Schach auch eine psychologische Vorbereitung auf die Partie wichtig. Mädchen sind für Motivation vor der Partie und für Lob nach der Partie häufig empfänglicher als Jungen. Hier gilt, was grundsätzlich für das Training mit Kindern und Jugendlichen gelten sollte: Auch wenn das gewünschte Erfolgserlebnis ausbleibt, ist Lob wichtig. Jeder Niederlage kann man etwas Gutes abgewinnen.