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Bericht von Frank Pfeifer

Meine Ziele im Bereich Mädchenschach lassen sich recht einfach darstellen:

  1. Die Zahl der Schach spielenden Mädchen zu erhöhen
  2. Den Nachweis erbringen, dass Schachspielerinnen nicht wegen ihres Geschlechtes schlechter sein müssen als Schachspieler

Alle Mädchen, die ich für Schach mobilisieren konnte, sind über Schulschach gekommen – ausnahmslos. Schulschach habe ich in der Grundschule, in der Orientierungsstufe (seit vier Jahren abgeschaffte Schulform in Niedersachsen, in der alle Kinder der Klassen 5 und 6 unterrichtet wurden) und am Gymnasium gemacht. Sowohl in der Grundschule, als auch in den Klassen 5 und 6 war der Mädchenanteil in den Gruppen deutlich höher als am Gymnasium und erst recht höher als der weibliche Anteil an Mitgliedern in Schachvereinen. Dies hatte vor allem in der O-Stufe auch eine Eigendynamik: Eine ansprechende Zahl von Schach spielenden Mädchen zog immer eine noch größere Zahl nach sich, ihr Anteil betrug in einigen Jahren fast 50%. In diesen Gruppen waren Mädchen mittelfristig häufig erfolgreicher als Jungen. Als Erklärung für die sportlichen Erfolge wage ich mal folgendes zu behaupten: Mädchen sind im Alter bis 10/11 Jahre zielstrebiger und konzentrierter, sie stehen dem Erlernen von Dingen offen gegenüber. Viele Jungen in diesem Alter haben sich angeeignet, Attitüden des Erfolgs und der Überlegenheit nach außen wirksam werden zu lassen. Ein starker Mann weiß schon alles, lernen ist das Eingeständnis vorhandener Schwäche. Wichtiger als Kenntnisse sind maskuline Gesten (Figuren aufs Brett kloppen, durch schnelles Ziehen Sicherheit und Überlegenheit demonstrieren).

In die Köpfe der Jungen und Mädchen wirken bei zunehmender schachlicher Sozialisation zwei Realitäten nachhaltig:

  1. Jungen erfahren durch das Verhalten älterer, schachlich erfolgreicher Geschlechtsgenossen, dass Frauen eigentlich nicht richtig gut Schach spielen können, auch Ausnahmen stellen diese Regel nicht in Frage.
  2. Mädchen ergeben sich zunehmend in die von der schachlichen Umwelt zugewiesene Rolle, zumal in anderen gesellschaftlichen Bereichen ähnliche Erfahrungen gemacht werden. Schach macht dann weniger Spaß.

Viele erfolgreiche Schachspielerinnen kommen schulisch vom Gymnasium. Nun sollte man meinen, dass da ein Zusammenhang besteht. Eher nicht: Die schachliche Sozialisation dieser Spielerinnen hat in der Regel vor dem Besuch des Gymnasiums begonnen, sie ging dann trotz der oben genannten Bedingungen glücklicherweise weiter. Ist ein Mädchen erst einmal 12 oder 13 Jahre alt oder älter, tritt sie in der Regel nicht mehr in den maskulin bestimmten Schachzirkus ein, die Girlscamps haben das bewiesen. Umgekehrt kann sich ein 13/14/15-jähriger durchaus noch im Schutz und mit Unterstützung seiner Geschlechtsgenossen auf das Abenteuer Schach einlassen, und wenn das Schach spielen zu frustrierend sein sollte, dann als Funktionär, der dann möglicherweise die frauenfeindlichen Ausfälle seiner starken Brüder politisch auch noch unterstützt.

Schonraum Mädchenschach

Angesichts der Vorherrschaft von Männern im Schach, ist es notwendig, Mädchenschach in Form von Mädchenturnieren und Mädchenveranstaltungen anzubieten. Dies dient, wenn es funktioniert, der Vergrößerung der Zahl der Schachspielerinnen und verhindert Frustrationen gerade bei Anfängerinnen, aber: Wenn mein oben genanntes 2. Ziel realistisch ist, müssen sich Mädchen und Frauen dem Vergleich mit den Jungen und Männern stellen und das so früh und so oft wie möglich und möglichst oft mit Erfolg; die Aufgabe derer, die Mädchen und Frauen zum Schach mobilisieren wollen, ist es im Wesentlichen, die latente oder offene Frauenfeindlichkeit der Schachszene transparent zu machen, dazu bedarf es natürlich auch starker Funktionärinnen, die auch Funktionen außerhalb des Mädchen- und Frauenschachs übernehmen.

Wenn ich zu Anfang Konzeptionslosigkeit beklagt habe, liegt das daran, dass trotz meiner Erkenntnisse auch in meinem Wirkungsbereich sich eine Nachhaltigkeit in Sachen Mädchen und Frauen beim Schach nicht einstellen will … von diversen Landesmeistermannschaften im Schulschach spielt nur noch eine junge Frau …